YPERN MON AMOUR / Referenzen


Empfehlungsschreiben von Nicolas Vignos / Abri-Mémoire in Uffholtz

 

Das Abri Mémoire in Uffholtz (Frankreich) ist Informationszentrum, Ausstellungsbereich,  Künstlerresidenz und  Begegnungsstätte mit den Schwerpunkten Erster Weltkrieg, menschliches Miteinander und Frieden.

Vom 6. Juni bis zum 21. September 2014 haben wir die Ausstellung von Harald Reusmann und Frank Wolf  unter dem Titel „De la Propagande à la mort“ (von der Propaganda zum Tod) gezeigt. Die Arbeiten dieser Künstler sind von über 2000 Besuchern (aus allen Publikumsbereichen und von Schülern)  betrachtet worden, und alle haben die aufgeworfenen Fragen und die dargestellte Problematik der Propaganda von Krieg führenden Gesellschaften  im 20. Jh. erkannt.

Durch die Fotomontagen von Harald Reusmann wird unsere eigene Wahrnehmung bei der Betrachtung eines Bildes geschult.  Die  Zusammenstellung der aufeinander folgenden Bilder  führt uns in ein kühn komponiertes, durch den Künstler erschaffenes Universum. Dem Betrachter eröffnet sich  eine Fantasiewelt, die auf  einer real vorhandenen, ausgesprochen vielfältigen Ikonografie aus der Zeit  der kriegerischen Auseinandersetzungen vor allem in Deutschland basiert. Diese Fantasiewelt reflektiert die kollektive Vorstellung der Deutschen während des Ersten Weltkriegs und findet sich auch in den visuellen Bereichen aller Kriegsprotagonisten  wieder.  Als deutscher Künstler hinterfragt Harald Reusmann die von den dokumentarischen Bildvorlagen ausgehenden Botschaften und ihre Auswirkung auf die Gesellschaft. Seine Antworten sind eine ausdrucksvolle Mischung künstlerischer Mittel, durch die das Bild zur Karikatur verändert wird. Diese Darstellungsweise zeigt einerseits, wie penetrant die damaligen Botschaften waren, andererseits auch unsere Wahrnehmung der damaligen Bildersprache zu Propagandazwecken. Sie thematisiert z.B. „den Aufbruch der deutschen Jugend unter der Fahne“ oder den Tod des tapferen Soldaten in der Fotomontage „Lorelei“.  Innerhalb der vom Künstler geplanten Bilderfolge entdeckt der Ausstellungsbesucher eine Fotomontage unter Verwendung einer damaligen Fotografie, auf der  sich Soldaten in einem Stellungsgraben befinden und von einer wunderschönen Landschaft  umgeben sind: Die damalige Propaganda sublimiert das Unerklärliche und Unerträgliche.  Die Fotomontagen von Harald Reusmann verändern die dokumentarischen Bilder,  indem die Darstellung der Propagandisten übertrieben wird.  Durch diese Übertreibung  wird erkennbar,  wie ungeheuerlich die  Botschaft  ist, die zugleich lächerlich gemacht wird.

Die Bildinszenierungen enthalten erstaunliche Inspirationen von Künstlern oder Autoren des 20. Jahrhunderts.  So findet man Anspielungen auf „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque oder Typen mit irrsinnigen und verstörenden Eigenschaften wie in „Dr. Seltsam“ von Stanley Kubrick. All diese Werke wirken sich irritierend auf unsere Interpretation aus  und führen zu ungewöhnlichen Aspekten bei den ursprünglichen Bildern, so dass phantastische und unvorhergesehene Spannungen erzeugt werden. Harald Reusmann verbindet seine Fotomontagen mit ikonografischen Produktionen aus der damaligen Zeit und vermittelt dadurch den technischen und wissenschaftlichen Zugang zu seiner künstlerischen Arbeit.

Die Zusammenstellung dieser Werke wird findet ihre perfekte Ergänzung in der Skulptur von Frank Wolf.  Diese Skulptur ist das Ergebnis einer langen und leidenschaftlichen Auseinandersetzung, bei der die Dramatik der direkten Folgen der Propaganda kompromisslos umgesetzt ist. Die Propaganda wirkt auf die Seele des Soldaten ein und sät vor allem Konfusion und Faszination für eine Idee bzw. für eine Ideologie. Mit der Herstellung dieser Skulptur hat der Künstler diese Metamorphose der deutschen Jugend großartig erfasst, die  in den Jahren 1914 – 1918  Opfer der auf sie abzielenden Propaganda wurde. Der Bildhauer prangert den Tod der  Seele junger Menschen in seinem Werk an, die sich nach dem Krieg wieder eingliedern wollen und zu Freischärlern sowie zu andere paramilitärischen Organisationen stoßen, die in den dreißiger Jahren zu Handlangern für totalitäre Regime werden.